Hyperfokus, Spezialinteressen und Hochbegabung. Was hat das mit Asperger und Autismusspektrum zu tun? Oder mit ADHS? Ich teile persönliche Erfahrungen, welche die Begriffe klarer machen können.
Stundenlang in Nischenthemen vertieft. Zeit vergessen. Unendliche Monologe. Jeder, der von Asperger und Autismusspektrum betroffen ist - oder mit Betroffenen zusammen lebt - kennt diese Momente. Ganz ähnlich sind die Erfahrungen mit Hochbegabung und ADHS, doch die Besonderheiten scheinen etwas anders zu sein. Oft lese ich dann von Begriffen wie "Hyperfokus" oder "Spezialinteressen". Ist am Ende alles irgendwie dasselbe?
Ich kann hier keine klinische oder wissenschaftliche Einordnung vornehmen. Aktuell scheint auch die Forschung noch am Anfang zu stehen. Alternativ kann es helfen, wenn ich aus eigenem Erleben die Unterschiede zwischen Hyperfokus, Spezialinteresse und Hochbegabung ein wenig näher beleuchte.
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Hyperfokus
Spontan und ohne Kompromisse
Hyperfokus meint eine spontane und vollständige Konzentration auf ein Objekt. Das kann eine Aufgabe sein, eine Idee oder auch eine Wahrnehmung. Schon ein vorbeifliegender Vogel kann die volle Aufmerksamkeit erhalten. Dabei wird sowohl die Umgebung ausgeblendet als auch alles Vorherige. Alle vorherigen Tätigkeiten sind vergessen, alle Vorhaben, alle Gedanken.
Vermutlich ist das Erleben einem „Flow“ sehr ähnlich, den viele Menschen zum Beispiel beim Tanzen, Musikhören oder Video-Gaming erleben. Zumindest beim Gaming kenne ich diesen Flow ebenfalls.
Der wichtige Unterschied zum Flow: Der Hyperfokus stellt sich spontan ein. Das lässt sich leider nicht steuern und das Objekt der Aufmerksamkeit hat bei mir auch nicht unbedingt was mit Spaß zu tun. Im Beispiel des Vogels ist beim (Asperger)-Autismusspektrum jetzt jedes Detail von Interesse: jede Feder, die Flugbewegung, die Spezies des Tieres, das Relief der Flügelspitzen, die Thermik unter den Flügeln, der Sonnenstand relativ zum Tier ..... so, oder so ähnlich, alles in sehr schneller Folge. Ich kenne persönlich zwar nicht den Hyperfokus beim ADHS, aber es scheint hier große Ähnlichkeiten zu geben.
Hyperfokus wechselt schnell
Ebenfalls ähnlich ist, dass der Fokus wechseln kann, sobald etwas Neues die Aufmerksamkeit auf sich lenkt. So folgt im schlechten Falle ein Hyperfokus auf den nächsten und der Abstand zur Umwelt wird immer größer.
Der Unterschied zum ADHS scheint mir zu sein, dass bei mir der Fokus allein deshalb wechselt, weil die Aufmerksamkeit sich geändert hat. Durch eine Bewegung, einen Lichtimpuls, ein Geräusch. Der Fokus wechselt nicht, weil das vorherige Thema langweilig wurde und daher nicht mehr anregend genug gewesen wäre. Ganz im Gegenteil wollte ich oft beim vorherigen Thema noch etwas erledigen, das mir wichtig war. Trotzdem springt der Fokus weiter. Wenigstens kann ich mich später oft erinnern, was ich noch machen wollte. So kann ich den alten Faden wieder aufnehmen.
Fun fact: Sachen, die ich während eines Hyperfokus ablege, sind leider weg. Ich erinnere mich nicht mehr daran, wo sie liegen. Das ist besonders ärgerlich bei Schlüsseln, Karten, etc. Aber auch dafür gibt es kleine Tricks für den Alltag, mehr dazu in einem späteren Artikel.
Ebenfalls ähnlich wie bei ADHS sind die organisatorischen Probleme, die durch Hyperfokus entstehen:
Es wird schwierig, die vielen begonnen Projekte zu Ende zu bringen.
Überforderung bzw. Überlastung droht, wenn die Organisation aus Alltag und Projekten überhand nimmt.
Überfüllung von Arbeits- und Wohnbereichen
Auch hier empfinde ich die Ursache anders, als es für ADHS beschrieben wird. Die alten Projekte sind nicht zu wenig anregend. Es sind einfach nur zu viele Projekte, die begonnen werden. Alles will ich auch gerne weiter verfolgen. Doch der Tag hat nur wenige Stunden Sonne.
Verschärft wird das Problem durch Hochbegabung. Mit höherer Intelligenz neigt man dazu, sich mehr Informationen zu allen möglichen Themen zu suchen. Ruckzuck werden kleine Forschungsprojekte gestartet, deren Aufwand kaum noch beherrschbar wird.
Probleme im Alltag
Ebenfalls vergleichbar sind die Alltagsprobleme bei (Asperger)Autismusspektrum und ADHS:
Termine und Verabredungen sind schnell versäumt. Das ist kein Vergessen. Das ist irgendwas Schlimmeres. Verstehe ich bis heute nicht. Die Termine sind in Augenblicken aus dem Kopf. Weg und verschwunden. Und kommen auch im ganzen Tagesablauf nicht mehr wieder. Früher war das ein kritisches Problem. Es ist heute besser, mit vielen digitalen und analogen Helferlein.
Teilnahme an Gesprächen kann erschwert werden. Es ist unhöflich, also konzentriere ich mich stärker. Und dann kann ich auch lange anderen Menschen zuhören, ohne das meine Gedanken plötzlich woanders sind. Natürlich kostet das körperliche Reserven. Aber es geht und man kann es trainieren.
Alltags-Tätigkeiten werden nicht beibehalten (Kochen, Waschen, ....) Tja .... das ist und bleibt ein echtes Risiko. Schon mal den Herd angelassen, bis er die Küche heizt? Auf Zeigeruhren nur den Minutenzeiger gelesen, aber die Stunden nicht gesehen?
Fast schon lustig ist, dass ich oft mehrere Anläufe brauche, um etwas aus dem Keller zu holen. Mir fällt unten was Anderes auf, dort beginne ich etwas Neues, räume danach vielleicht ein Regal um.... Schließlich komme ich mit leeren Händen nach oben und weiß nicht mal mehr, warum ich unten war.
Als Jugendlicher versuchte ich auch gelegentlich, am Sonntag zum Einkaufen zu gehen. Das war in den 1980ern nicht so sinnvoll. Heute bin ich Online-Shopper mit Packstation. Problem gelöst. 😏
Gesundheitsrisiken
Hyperfokus kann kurzfristige und langfristige Schäden für die eigenen Gesundheit verursachen.
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